Plattheiten sind gefährlich. Und funktionieren.

Ich mag Plattheiten nicht. Sie sind gleichzeitig gefährlich und notwendig. In der Führung ebenso wie im #Vertrieb.

Welche Macht Plattheiten haben, wofür sie gut sind und wo sie gefährlich vereinfachend gegen uns in Führung und Vertrieb arbeiten, darum geht es in diesem Blog-Beitrag.

Die Gefahr von Simplifizierungen

Plakative Statements sind meist leichter verdaulich und dadurch ansprechender, führen aber den Empfänger viel leichter in die Irre als detaillierte Aussagen. Ebenso wie eine besonders hell strahlende Glühbirne zwar eine klares Ziel bietet, aber mit ihrer Helligkeit gleichermaßen so blendet das der Weg zum Ziel schwer und sogar gefährlich werden kann.

Das ist besonders in komplexen Feldern wie Führung, Management und Vertrieb relevant, wo ohne nuancierte Ansätze und Aussagen Erfolg unwahrscheinlich wird.

Message-Control

Erfolgreiche Führung und erfolgreicher Vertrieb basiert immer auf tiefgreifendem Verständnis und nicht auf Oberflächlichkeiten. Die Wahl des richtigen Detailgrads zur richtigen Zeit ist die hohe Kunst beider Professionen.

Oft ist „einfach“ einfach falsch

Vereinfachte Aussagen lassen Missverständnisse oder unrealistische Erwartungen zu. Damit steigen die Chancen auf Reibungsverluste, verringerte Effektivität und Krisen im Team und in der Kundenkommunikation.

Ein LinkedIn Beispiel

Im LinkedIn-Post eines amerikanischen Führungs-Coaches konnte ich vor kurzem lesen:

„The boss who fights with management for his team without thinking about his career is a true leader”.

Der Text macht es den Lesenden einfach: Schwarz/Weiß – Gut/Böse. Einfach. Und falsch.

Coaching, Führung und Vertrieb. Alles ist Arbeit mit Menschen. Und ganz wenig davon ist schwarz/weiß. Schattierungen und Nuancen machen unsere Jobs zu der Herausforderung, die sie sind.

Die Aussage des Führungs-Coaches ist mit wenigen Fragen leicht als Plattheit enttarnt:

Wie gut ist ein Boss, der so sehr mit dem Management für seine Mitarbeiter kämpft, dass er am Ende gefeuert wird? Ist das nicht ein Bärendienst an seinen Mitarbeitern?

Kämpfen, ja sicher. Für mein Team – meistens. Um jeden Preis? Auf Kosten der eigenen Gesundheit oder finanziellen Stabilität? Sicher nicht!

Und: Welche Verpflichtung habe ich als Führungskraft gegenüber dem Unternehmen, das mein Gehalt zahlt, meine Ziele definiert?

Andererseits ist die Aussage des Coaches durchaus - dort wo er sie gemacht hat, nämlich auf LinkedIn - auch berechtigt und hat Aspekte die bedenkenswert sind. Eine Führungsperson die wenig auf ihre Mitarbeiter:innen gibt wird sie leichter verbrennen. Und verbrannte Mitarbeiter:innen leisten nicht, oder?

Wo und wann wir uns einer plakativen Aussage bedienen oder doch differenziert und detailreich ein Thema besprechen, macht den Unterschied zwischen Schwurblern und Experten, zwischen Marktschreiern und Profi-Verkäufern. Und zwischen nach oben Gelobtenund effektiver Führungskraft.

Plakative Aussagen machen Zustimmung einfach.

„Eine echte Führungsperson setzt sich für ihr Team ein“. Glaube ich der Aussage habe ich nur eine Wahl: ich setze mich (mehr) für mein Team ein – wenn ich eine echte Führungsperson sein will.

„Mit dieser Lösung reduzieren Sie ihre Ausgaben jährlich um 20%“. Braucht es eine hohe Kostenreduktion im Unternehmen ist die Lösung ein probates Mittel.

Wir wollen immer ehrlich zueinander sein“. Wer schon mal versucht hat, das im Businesskontext ohne Differenzierung anzuwenden, ist garantiert grandios gescheitert.

Das hinterhältige an diesen Plattheiten: Sie bieten scheinbar einfache Handlungsanweisungen.

Aber Umsetzung braucht Differenzierung und Detail!

„Eine echte Führungsperson setzt sich für ihr Team ein. Wenn das den Zielen des Unternehmens dient.“ Kleiner Zusatz - großer Unterschied.

Oder auch:

„Mit dieser Lösung reduzieren Sie ihre Ausgaben jährlich um 20%. Vorausgesetzt, sie halten sich dann auch an die neu erarbeiteten Prozesse“. 

Oder:

„Wir wollen immer ehrlich zueinander sein. Dabei achten wir auf einen respektvollen Umgang miteinander.“

Schon ein Satz mehr bringt Klarheit, differenziert und macht handlungsfähiger.

Im täglichen Leben, in Führung und Vertrieb bedarf es meist noch viel mehr als nur eines Satzes. Diese Dokumente heißen dann Leistungsbeschreibungen, Code of Conduct, Vision Statement etc.

Die Umsetzung im täglichen Leben zeigt dann, ob die gebotenen Richtschnüre gut genug waren oder nachgeschärft werden müssen.

Differenzierte Aussagen sind nicht sexy.

Ich will auf immer und ewig mit Dir zusammen sein!“ erzeugt leicht große (und hoffentlich) positive Gefühle.

„Ich will auf immer und ewig mit Dir zusammen sein, vorausgesetzt, du beginnst nicht zu schnarchen oder benutzt meine Zahnbürste oder deine Mutter zieht bei uns ein oder du beschließt, einer Sekte beizutreten, die zuerst dich und deine Finanzen zerstört und dann auch das Gleiche bei deinen Angehörigen versucht.“

Detailgrad als Werkzeug

Die Unterscheidung, welcher Detailgrad angebracht ist, entscheidet zwischen guter und schlechter Führung ebenso wie zwischen gutem und schlechtem Vertrieb. Und vorweggenommen: Wer nicht beides beherrscht und auch punktgenau zu differenzieren weiß, hat weder in der einen, noch in der anderen Rolle etwas verloren.

Im Vertrieb

Vertriebsgespräche werden nicht mit einem 40-Seiter begonnen. Am Anfang stehen große Chancen und Möglichkeiten. So einfach und plakativ formuliert wie möglich. Das schafft Aufmerksamkeit und steigert die Bereitschaft zuzuhören.

Aber Vertriebsprozesse werden mit viel Liebe zum Detail zum Abschluss gebracht. Je weiter Vertriebsgespräche voranschreiten, desto genauer gehen Profis auf Chancen, Möglichkeiten und Risiken ein. Alternativen werden beschrieben und Entscheidungen auf Basis der Detailinformation getroffen.

Verkäufer:innen, die mit Plattheiten nur an der Oberfläche kratzen werden bald als Heißluftgebläse enttarnt.

Verkäufer:innen, die sich nur im Detail wohlfühlen nennt man Pre-Sales-Spezialisten.

In der Führung

Teamführung braucht klare Wegweiser. Wie eine Wandergruppe beim Weg auf den Berg.

Als Beispiel

Zuerst das Wichtigste:

Dorthin! Etwa 20km. Dann Mittagessen auf der Berghütte.

Dann folgen die Details:

Wie ist das Terrain? Steigeisen? Seil? Regenwetter? Was passiert bei einem Unfall. Wie schlimm ist es, nicht bei der Hütte anzukommen? Wird es ein Wettrennen oder geht es darum gemeinsam den Weg zu gehen?

In der konkreten Anwendung – Code of Conduct für ein Team

Zuerst das Wichtigste:

„Ehrlichkeit ist unser oberstes Prinzip.“

Danach die Details:

„Im geschäftlichen Umgang miteinander wollen wir alle Themen offen ansprechen. Dabei achten wir darauf, sachlich und freundlich zu sein. Ohne unser Gegenüber zu verletzen. Ehrlichkeit darf nie als Deckmantel für Aggression dienen. Ehrlichkeit bedeutet auch, immer das direkte Gespräch zu suchen und nicht über andere zu sprechen. Ist das nicht möglich, gibt es nur eine weitere Anlaufstelle, das ist: …“

In der konkreten Anwendung – Unternehmensziele

Zuerst das Wichtigste:

„Wachstum und wirtschaftliche Stabilität sind unser oberstes Ziel.“

Danach die Details:

„Für unser tägliches Handeln bedeutet das: Wir ziehen langfristig stabile Lösungen schnellen Hazard-Spielen vor. Wir priorisieren das Schaffen einer guten wirtschaftlichen Basis vor einem raschen überproportionalen Gewinn. Unsere Mitarbeiter:innen sind dabei unser wichtigstes Gut. Wir werden uns von unseren Kund:innen keine Konditionen aufzwingen lassen, die diesen Prinzipien nicht entsprechen …“

 Wer beides beherrscht, führt!

Haben Sie beide Kommunikationsarten drauf? Jene, mit der plakativ große Bilder gemalt, Visionen besprochen und Herzen und Teams und Kunden gewonnen werden? Und jene, die im tagtäglichen Leben Umsetzung und Miteinander möglich macht und sich in den Dienst der großen Ideen und Ziele stellt.

Gratuliere!

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